Das Rätsel um die Neckar-Flaschenpost ist gelöst

Neckarsteinach/Eberbach. Ben ist überglücklich: Die Flaschenpost-Schreiber haben sich gemeldet. Der Sechsjährige Neckarsteinacher hatte vor Kurzem eine Plastikflasche voll mit Briefen aus dem Neckar gefischt. Seither hatte die ganze Familie gerätselt: Wer hat all die Zeilen verfasst, die unter der Überschrift "Mein schönster Tag in Eberbach" standen? Jetzt steht fest: Es war die Klasse 8b der Eberbacher Realschule. Bens Suchaufruf in der RNZ hatte für einigen Wirbel gesorgt. "Ich werde von allen angesprochen, alle fragen nach der Flaschenpost", erzählt Ben. Seine Mutter Natalie Zantopp ergänzt: "Alle haben nach dem Artikel mitgefiebert." Und der führte auch zum Erfolg. Zunächst meldete sich Linus, einer der Schreiber. "Er hat sogar ein Foto und eine Sprachnachricht geschickt", freut sich Ben. Bevor die Schüler die Post in die Itter warfen, machte die Lehrerin dieses Foto.

 Wenig später rief Isabell Jung im Restaurant der Familie Zantopp an. Sie ist Deutsch-Lehrerin an der Realschule und hat mit ihren Schülern - die im Juni noch in der siebten Klasse waren - eben jene Flasche auf dem Wasserweg abgeschickt. Als Jung nun auf den RNZ-Artikel aufmerksam wurde, ist sie aus allen Wolken gefallen. "Die Flaschenpost war schon völlig in Vergessenheit geraten", sagt die 38-Jährige. "Wir hatten nicht damit gerechnet, dass sie gefunden wird." Eigentlich waren die Briefe nur ein Versuch, der Sommerhitze zu entkommen. "Es war ein heißer Tag und wir hatten alle keine Lust, bei so einem Wetter im Klassenzimmer zu sein", so Jung. Also verlegte sie den Deutsch-Unterricht kurzerhand an die Itter. Das Flüsschen fließt an der Realschule vorbei und mündet rund eineinhalb Kilometer später in den Neckar. Zuvor hatte die Lehrerin Eis für die Klasse gekauft und für sich noch eine große Flasche Cola. Die Idee, die Schüler im Gras über ihren schönsten Tag in Eberbach schreiben zu lassen, sei ihr spontan unter der Sommersonne gekommen, erinnert sich Jung. Und diese Schriftstücke dann in eine Flasche zu stecken, war ebenfalls eine plötzliche Eingebung. Dass dieser Sommertag solche Folgen haben würde, hatte niemand geahnt. Jung: "Als ich von Ben las, habe ich gedacht: Das kann doch nicht wahr sein!" Nach den Ferien hat sie den Artikel groß ausgedruckt und mit in den Unterricht gebracht. "Die Schüler waren fassungslos", berichtet die Lehrerin. "Sie haben sich unglaublich gefreut." Sie seien geplatzt vor Stolz, dass Textauszüge von ihren Briefen in der Zeitung standen. Was die Lehrerin am besten findet: "Die Schüler haben gemerkt, dass Schreiben eine Bedeutung haben und man Menschen damit glücklich machen kann." Und Ben sagt, der Fund der Flaschenpost sei der "schönste Tag" in seinem Leben. Bens Mutter ist bereits in Kontakt mit der Lehrerin. Die beiden wollen ein Treffen zwischen dem Erstklässler und den Achtklässlern in die Wege leiten. Denn jetzt, da Bens Wunsch in Erfüllung gegangen ist und er weiß, von wem die Flaschenpost stammt, hat er einen neuen: Er möchte die Schreiber persönlich kennenlernen.


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