Die Flaschenpost-Schreiber empfingen den kleinen Ben

Realschüler haben sich für den Besuch des Sechsjährigen mächtig ins Zeug gelegt

Neckarsteinach/Eberbach. 24 Briefe, extra in Großbuchstaben geschrieben, verpackt in selbstgebastelten Flaschen aus Papier. Das war nur eine von vielen Überraschungen, die sich die Klasse 8b der Eberbacher Realschule für den kleinen Ben Zantopp ausgedacht hatte. Die Schüler haben den Sechsjährigen aus Neckarsteinach eingeladen und ihm einen weiteren unvergesslichen Tag geschenkt. Der kleine Junge hatte nämlich vor einigen Wochen eine Flaschenpost im Neckar gefunden.

Durch einen Suchaufruf in der RNZ stellte sich heraus: Die Achtklässler aus Eberbach haben die Post zusammen mit ihrer Deutsch-Lehrerin Isabell Jung im Juni aufgegeben - und zwar in der Itter, die in Eberbach in den Neckar mündet. Doch egal, wen man in der Klasse fragt - ob Lilli, Franziska, Janis oder Niklas -, alle sagen: "Wir haben nicht gedacht, dass die Flasche irgendwo ankommt." Vielmehr glaubten die Schüler, dass ihre Post im Gebüsch hängen bleibt oder an einer der Schleusen zerstört wird.Die Wochen gingen ins Land. "Ich hatte die Flaschenpost schon komplett vergessen", erzählt Mike. Wie ihm ging es vielen. Wäre da nicht Linus gewesen. Der 13-Jährige war der einzige, der seinen kompletten Namen unter seinen Brief geschrieben hatte. "Ich habe mir nichts dabei gedacht", sagt er. "Das mache ich bei all meinen Geschichten." Da sein Name in der RNZ erwähnt wurde, wurde Linus’ Vater auf den Artikel aufmerksam und berichtete seinem Sohn davon. Und der informierte sofort die ganze Klasse im Gruppenchat. Dass Ben sie über die Zeitung gesucht hat, finden die Achtklässler "richtig cool". Das Rätsel um die Flaschenpost hat viele RNZ-Leser bewegt. Ben und die Realschüler wurden unentwegt darauf angesprochen. Sogar in einem Hirschhorner Altenheim wurde mitgefiebert, berichtet Bens Vater Kevin Zantopp: "Dort wird den Senioren aus der RNZ vorgelesen - und die Geschichte war mal etwas anderes." Mit dem Treffen in der Schule nimmt die Geschichte ein "Happy End". "Es ist schön, dass Ben uns heute kennenlernt", sagt der 13-jährige Janis. Die Klasse hat sich für den Besuch richtig ins Zeug gelegt. Die Tafel ist komplett bemalt: "Herzlich willkommen, Ben" steht da. Am Rande des Zimmers steht ein Frühstücksbuffet, zu dem jeder Schüler etwas beigetragen hat. Am spektakulären ist aber der Boden des Klassenzimmers: Dort fließt quasi der Neckar. Dafür haben die Schüler mehrere grüne Decken ausgebreitet, Laub darauf gestreut und in der Mitte blaue Mülltüten aneinandergereiht. Auf dem knisternden Plastik-Fluss stehen die eingangs erwähnten Papierflaschen. In den Briefen darin beschreiben die Jugendlichen ihren schönsten Tag im Leben - bezugnehmend darauf, dass für Ben der Flaschenpostfund der schönste Tag in seinem Leben war. Samiras schönster Tag war beispielsweise, als sie ihre Freundin Franziska im Kroatien-Urlaub getroffen hat. Elias wird nie den Tag vergessen, als er seinen Hasen "Sternchen" geschenkt bekam. Am Ende seines Briefes schreibt er an Ben: "Ich habe mich gefreut, dass du die Flaschenpost gefunden hast." In Großbuchstaben sind die Texte deshalb, weil Ben als Erstklässler bislang nur diese beherrscht. Der kleine Neckarsteinacher ist übrigens während seines Besuchs ungewöhnlich still. Auf die Frage, wie er den Empfang findet, bekommt er nur ein "toll" über die Lippen. Seine Geschenke für die Schüler - kleine Fläschchen mit einem Rätsel darin - verteilt der kleine Junge ganz schüchtern. "Er ist ganz aufgeregt", sagt seine Mutter Natalie, die Ben mit der ganzen Familie begleitet hat. Erst später, als alle mit Essen beschäftigt sind, taut Ben auf und erzählt: "Ich konnte gestern fast nicht einschlafen und heute Morgen in der Schule habe ich die ganze Zeit auf die Uhr geschaut." So sehr hat er sich auf dieses Treffen gefreut.

 


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