Transsylvanien mit Biss

Einmal Eberbach - Pretai und zurück… Um viele beeindruckende und abenteuerliche Erfahrungen reicher ist vor kurzem eine Schülergruppe der Realschule Eberbach aus Rumänien zurückgekehrt. Dort verbrachten sie eine Woche in Siebenbürgen, auch Transsylvanien genannt, um die jahrhundertalte Kultur der dort lebenden Menschen und der siebenbürgischen Kirchenburgen zu erkunden.

Bereits zum fünften Mal reiste eine Schülergruppe der Realschule Eberbach nach Pretai, einem kleinen Dorf an dem Fluss Kokel, das inmitten der wunderschönen Landschaft des Karpatenbeckens in Rumänien liegt – bekannt als „Siebenbürgen“ oder auch „Transsylvanien“. In unmittelbarer Nähe der Unterkunft, dem ehemaligen Pfarrhaus des Dorfes, das heute auch die Jugendbauhütte beherbergt, erhebt sich die Kirchenburg mit der sie umgebenden, hoch aufragenden Backsteinmauer.

Der Kirchturm ist mit einem hölzernen Wehrgang ausgebaut. Wie die anderen Kirchenburgen Siebenbürgens wurde sie vor etwa 600 Jahren erbaut, um den Dorfbewohnern Zuflucht und Schutz vor den durchs Land ziehenden Osmanen zu bieten. In der Kirche befindet sich ein 600 Jahre altes Taufbecken und Wandmalereien, welche die Jahrhunderte erstaunlich gut überstanden haben. Da Siebenbürgen so reich an Kirchenburgen ist, stehen nicht genügend Gelder zur Verfügung, um jede einzelne ausreichend in Stand zu halten. Einige besondere Kirchenburgen erlangten sogar UNESCO-Weltkulturerbe-Status. In Pretais Kirchenburg finden neuerdings nicht einmal mehr Gottesdienste statt, weshalb weder Außen- noch Innenbereich regelmäßig auf Vordermann gebracht werden. Höchste Zeit, dass die Schülergruppe aus Eberbach wieder mit anpackt! In einem umfangreichen Arbeitseinsatz wurde vom Taufbecken bis zur Empore geputzt und gewienert bis das Gotteshaus in neuem Glanz erstrahlte. Bei der Erkundung des Sächsischen Friedhofes in Pretai und in Gesprächen mit Siebenbürger Sachsen Rosi und Norbert stellen die Schüler fest, dass diese deutschsprachige Minderheit, die vor vielen Jahrhunderten ins Karpatenbecken zog, um dort Städte zu gründen und besondere Privilegien zu genießen, heute mehr und mehr verschwindet. Viele wandern aus wirtschaftlichen Gründen aus, vor allem nach Deutschland. Rosi und Norbert sind die Ansprechpartner für die Gruppe der Realschule vor Ort. Rosi kocht und umsorgt die Schülergruppe. Das köstliche Essen aus frischen Zutaten, die meist aus ihrem Garten stammen, serviert sie unter ihrer Pergola in ihrem von Weinreben umrankten sächsischen Hof. Außerdem bekleidet sie das Amt als Kuratorin der Kirchenburg. Norbert stellt für die Gruppe der Realschule Eberbach Kontakte zu den Dorfbewohnern her und steht mit Rat und Tat bei der Planung von Unternehmungen zur Seite. Er organisierte in diesem Jahr sowohl ein deutsch-rumänisches Pizzabacken im Steinofen, der im Keller des Pfarrhauses lag, als auch den Besuch des in Pretai ansässigen freikirchlich geleiteten Roma-Kinderbetreuungsprojektes. Die Eberbacher Schüler waren überwältigt von dem musikalischen Empfang durch die Kinder. Anschließend bastelten sie in Kleingruppen mit den Roma Kindern Papierflieger, um anschließend zu sehen, welcher wohl am weitesten fliegen konnte. Die Kinder waren begeistert und wollten die Schülergruppe gar nicht mehr gehen lassen, auch die Eberbacher konnten sich nur schwer von den so herzlichen Kindern lösen. Die Roma sind, wie die Siebenbürger Sachsen auch, eine sich in der Minderheit befindende Bevölkerungsgruppe in Rumänien. Im Viertel der traditionell lebendenden Cortorari, die sich mit der Bearbeitung von Kupfer beschäftigen, wurde die Schülergruppe zu einem Hausbesuch eingeladen. Trajan erklärte, dass die Roma das Wort „Zigeuner“ als Schimpfwort empfinden, das es so viel wie „abseits der Gesellschaft, nicht zur Gesellschaft gehörig“ bedeutet. Durch das Kennen- und Wertschätzenlernen anderer Bevölkerungsgruppen und Kulturen konnten die mitgereisten Jugendlichen ihrer interkulturellen Kompetenzen, ihre Offenheit und Toleranz enorm weiterentwickeln. Neben dem Arbeitseinsatz und den zahlreichen interkulturellen Begegnungen bestand ein weiterer Schwerpunkt in der Erkundung von Städten und ihrer Geschichte: die mit dem Status UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnete mittelalterliche Stadt Sighisoara (Schäßburg) beeindruckte die Schülergruppe ebenso wie das mondäne, von der Habsburger Monarchie geprägte Sibiu (Hermannstadt). Die Kleinstadt Mediasch, die in unmittelbarer Nähe zu Pretai liegt, stellte ebenfalls ein Ausflugsziel dar. Als Unterkunft für die letzte Nacht vor der Heimreise diente die Kirchenburg in Cristian (Grossau), an der eine Gruppe der Theodor-Frey-Schule Eberbach unter Leitung von Fabian Fahr vor zwei Jahren im Rahmen eines Erasmus-Projektes einen Teil des Wehrgangs rekonstruierte. Das Abschiednehmen fiel nach so vielen Begegnungen und Eindrücken schwer. So war die Heimreise von Wehmut begleitet. Etwas lindernd wirkte die Gewissheit, dass die beiden Lehrkräfte Kimmo Stohner und Christina Frischholz auch im nächsten Schuljahr wieder mit einer Schülergruppe der Realschule Eberbach nach Rumänien aufbrechen werden.

 


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